Die vier Kennzahlen eines Decision-OS: TtD, Reopen-Rate, Meetingstunden/FTE, %DRI+Termin
Alle reden über „bessere Entscheidungen“. Aber kaum jemand kann zeigen, wie sich Entscheidungen im Alltag wirklich entwickeln. Ein Decision-OS kommt ohne PowerPoint aus – es steht und fällt mit wenigen, harten Kennzahlen.
In diesem Artikel gehen wir durch die vier zentralen Kennzahlen eines Decision-OS: Time-to-Decision, Reopen-Rate, Meetingstunden/FTE und %DRI+Termin – und wie ihr sie pragmatisch messt.
- Fokus: Messbare Wirkung
- Für CFO, COO & Product/Tech
- Mit Rechenbeispielen & Tools
Warum ein Decision-OS nur mit Zahlen wirklich greift
Viele Veränderungsprogramme scheitern nicht an der Idee, sondern an fehlender Messbarkeit. Teams haben das Gefühl, dass „es besser läuft“, aber niemand kann im Steering-Committee sauber zeigen, was sich konkret verändert hat.
Aus der Praxis: Ich saß vor einigen Monaten im Board eines 300-Mann-Tech-Unternehmens. Der CTO sagte: 'Wir sind viel schneller geworden.' Der CFO sagte: 'Wir sind 10 % über Budget.' Keiner von beiden hatte Recht, weil niemand Daten hatte. Ohne diese KPIs ist jede Diskussion über Geschwindigkeit reine Philosophie. Mit KPIs wird sie steuerbar.
Ein Decision-OS dreht das um: Es startet mit wenigen Kennzahlen, die direkt an den Alltag anschließen – und trennt gefühlte Verbesserung von realer Wirkung.
1. Time-to-Decision (TtD) – Wie lange Entscheidungen wirklich dauern
Time-to-Decision misst die Zeitspanne zwischen:
- T0: Ein Thema landet formal im System (z. B. im Decision-Log oder Steering-Backlog)
- T1: Die Entscheidung ist getroffen und kommuniziert
Ihr könnt TtD in Tagen oder Wochen messen – wichtig ist, dass ihr konsistent bleibt und die Startpunkte sauber definiert.
Pragmatische Messung:
- Legt ein einfaches Decision-Log an (Tabelle reicht).
- Für jedes Thema: Eintrag mit „eingetragen am“ und „entschieden am“.
- TtD = Differenz in Tagen (oder Kalenderwochen).
Spannend wird es, wenn ihr TtD je Kategorie betrachtet: z. B. Produktentscheidungen, People-Themen, Investitionen. Oft seht ihr sehr unterschiedliche Muster – und damit eure echten Engpässe.
2. Reopen-Rate – Wie oft Entscheidungen wieder aufgerissen werden
Die Reopen-Rate misst, wie viele Entscheidungen nach einem vermeintlichen „Done“ wieder auf den Tisch kommen. Typische Anzeichen:
- „Wir müssen da noch mal draufschauen.“
- „Das haben wir doch schon entschieden – oder?“
- „Marketing sieht das doch anders, lasst uns das Thema noch mal öffnen.“
In einem Decision-Log ist die Reopen-Rate einfach zu tracken:
- Jede Entscheidung bekommt einen Status (z. B. geplant, entschieden, in Umsetzung, erledigt).
- Wenn eine „entschiedene“ Entscheidung wieder zur Diskussion gestellt wird, setzt ihr ein Reopen-Flag.
- Reopen-Rate = Anteil der Entscheidungen mit Reopen-Flag an allen entschiedenen Themen in einem Zeitraum.
Eine hohe Reopen-Rate ist ein Signal für fehlende Klarheit in Rollen, Kriterien und Kommunikation – und damit ein direktes Argument, Delegation of Authority (DoA) und RACI zu schärfen.
Ich nenne das intern oft ‚Zombie-Entscheidungen‘. Sie sehen tot (entschieden) aus, stehen aber im nächsten Meeting wieder auf und fressen Gehirnschmalz. Eine Reopen-Rate von über 10 % ist ein sicheres Indiz dafür, dass eure Meetings eher Diskussionsrunden als Entscheidungs-Gremien sind.3. Meetingstunden/FTE – Wie viel Entscheidungszeit im Kalender steckt
Meetingstunden/FTE zeigen, wie viel Zeit eine Person durchschnittlich in synchronen Abstimmungen verbringt. Kritisch sind nicht nur die Stunden an sich, sondern die Frage: Wie viel davon produziert Entscheidungen?
So könnt ihr starten:
- Exportiert Kalenderdaten für 4–6 Wochen (z. B. aus Outlook/Google Kalender).
- Filtert nach Meetings mit Entscheidungs-Charakter (Steering, Jour Fixe, Projekt-Runden).
- Teilt die Summe der Stunden durch die Anzahl der FTE in der betrachteten Gruppe.
Als nächstes messt ihr die Meeting-Output-Quote: Wie viele dieser Meetings enden mit klar dokumentierten Entscheidungen oder Next Steps? Hier schließt sich der Kreis zum Decision-Log.
4. %DRI+Termin – Wie klar eure Top-Themen geführt werden
Hinter %DRI+Termin steckt eine simple, aber harte Frage: Wie viele eurer wichtigsten Themen haben einen klar benannten DRI (Directly Responsible Individual) und einen verbindlichen Entscheidungstermin?
Pragmatischer Ansatz:
- Definiert die Top 20 Themen für die nächsten 90 Tage (z. B. aus OKR, Portfolios, Roadmaps).
- Für jedes Thema: Ist ein DRI benannt? Ist ein Entscheidungstermin definiert?
- %DRI+Termin = Anzahl der Themen mit DRI und Termin geteilt durch 20.
In vielen Führungskreisen liegt dieser Wert zu Beginn zwischen 20–40 %. Ziel sollte sein, auf 80 % und mehr zu kommen – ohne in Mikromanagement zu rutschen.
Wie ihr die Kennzahlen in einen Euro-Case übersetzt
Zahlen sind nur so stark wie die Geschichte, die ihr damit erzählt. Damit CFO und Geschäftsführung folgen, müsst ihr die Kennzahlen mit groben Euro-Beträgen hinterlegen.
- Nutzt den ROI-Rechner, um Szenarien durchzuspielen: Was passiert, wenn ihr TtD um 30 % senkt und Reopen-Rate halbiert?
- Basiert eure Annahmen auf realen Vollkosten (über den Mitarbeiter-Vollkostenrechner) statt nur auf Bruttogehältern.
- Ergänzt bei Bedarf Tool- und Infrastrukturkosten über den Workspace-TCO-Rechner, um Overhead sichtbar zu machen.
Ihr braucht keine perfekt kalibrierte Controlling-Logik. Es reicht, die Größenordnung zu zeigen – und zu belegen, dass sich ein strukturiertes Decision-OS in Monaten rechnet, nicht in Jahren.
Wie ihr morgen starten könnt
Drei Schritte, die ihr sofort aufsetzen könnt – ohne Tool-Rollout:
- Ein einfaches Decision-Log mit TtD und Reopen-Flag (Tabellen- oder Board-Lösung).
- Ein Snapshot eurer Meetingstunden/FTE für 4 Wochen.
- Eine Liste der Top 20 Themen mit DRI+Termin-Check.
Wenn ihr diese vier Kennzahlen stabil messt, habt ihr mehr in der Hand als viele große Transformationsprogramme: ein ehrliches Bild eurer Entscheidungsfähigkeit – und einen klaren Hebel für Veränderung.
Wenn ihr Entscheidungen endlich wie ein System behandelt
Vielleicht habt ihr bereits Dashboards, OKR-Tools und Reporting-Strukturen im Einsatz – und trotzdem fehlt euch eine einfache, gemeinsame Sprache für Entscheidungen. Genau hier helfen die vier Kennzahlen eines Decision-OS: Sie verbinden den Alltag von Teams mit den Fragen von Geschäftsführung und CFO.
Wenn ihr merkt, dass ihr immer wieder über dieselben Symptome sprecht – Meeting-Overload, langsame Zusagen, „unklare Verantwortlichkeiten“ – dann seid ihr an einem Punkt, an dem sich eine systematische Sicht auf Entscheidungen lohnt. Nicht als Großprojekt, sondern als klar umrissener Pilot mit überschaubarem Risiko.
Ein 14-Tage-Start mit Decision-OS, einem sauberen Decision-Log und diesen vier Kennzahlen liefert euch die Datengrundlage, um über Struktur, Rollen und Tools nicht mehr aus dem Bauch heraus zu diskutieren – sondern auf Basis harter Fakten.
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