Decision-OS Insights · Psychologie & Mensch

Das Project Funeral: Wie man Projekte würdevoll beerdigt

Subline: Warum Sie gestoppte Projekte nicht einfach löschen dürfen – und wie Sie verhindern, dass Ihr Team zynisch wird.

Project Funeral Fehlerkultur Psychologische Sicherheit Decision-OS

In vielen Unternehmen verschwinden gestoppte Projekte einfach in der Versenkung: Ticket geschlossen, Epic archiviert, weiter geht’s. Fachlich mag das korrekt sein – psychologisch ist es Gift.

Dieser Artikel zeigt, wie das Project Funeral im Decision-OS Framework Frust in Fokus verwandelt – in maximal 20 Minuten.

Der Schmerz der „Leichen im Keller“

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten drei Monate lang intensiv an einem neuen Produkt-Feature. Sie machen Überstunden, lösen komplexe Probleme, investieren Herzblut.

Dann kommt montags eine kurze Nachricht: „Strategiewechsel. Projekt X ist gestoppt. Bitte ab sofort an Projekt Y arbeiten.“

Rational lässt sich das oft erklären. Emotional fühlt es sich an wie eine Entwertung: „War das alles für die Tonne?“

Wenn Projekte stillschweigend beerdigt werden, passiert zweierlei:

  • Zynismus: Mitarbeitende ziehen sich zurück. „Wird eh wieder gestrichen.“
  • Energieverlust: Die alte Initiative bleibt als „Tab im Kopf“ offen – und blockiert Fokus für das neue Ziel.

Die Psychologie kennt dieses Phänomen als Zeigarnik-Effekt: Unerledigte oder abrupt abgebrochene Aufgaben binden kognitive Energie. Solange das alte Projekt nicht abgeschlossen ist, fehlt Kraft für das neue.

Das Ritual gegen den Frust

Im Decision-OS Framework bekommt jede auf Killed gesetzte Initiative ein eigenes Ritual: das Project Funeral.

Es ist kein Klagelied, sondern ein kurzer, strukturierter Akt der Wertschätzung. Dauer: maximal 20 Minuten. Wirkung: Monate weniger schlechte Stimmung.

Das Project Funeral startet, sobald im Decision-Log der Status offiziell auf Killed wechselt – idealerweise im Weekly Tactical oder einem dedizierten Termin.

Die 3 Phasen der Beerdigung

Ein gutes Project Funeral folgt einer klaren Agenda. Hier die drei Phasen:

1. Die Würdigung (The Eulogy)

Der Decision Owner – also die Person oder das Gremium, das die Stop-Entscheidung getroffen hat – tritt sichtbar vor das Team.

Die Kernbotschaft lautet:

  • „Wir stoppen das Projekt nicht, weil eure Arbeit schlecht war.“
  • „Wir stoppen es, weil sich Datenlage oder Strategie geändert haben.“

Wichtig ist die explizite Trennung von Projekt-Ergebnis und Team-Wert. Der Einsatz war nicht umsonst – die Entscheidung ist eine Neugewichtung der Strategie, keine Abwertung der Beteiligten.

2. Die Ernte (Asset Harvesting)

Gestoppte Projekte sind keine Müllhalde, sondern ein Lager voller Assets.

Das Team fragt gemeinsam:

  • Was haben wir gelernt (Kunden-Insights, Marktverständnis, technische Erkenntnisse)?
  • Welche Artefakte können wir weiterverwenden (Code, Designs, Dokumente, Templates)?
  • Welche Hypothesen haben wir validiert oder falsifiziert?

Diese Assets werden bewusst „geerntet“ und in einer zentralen Struktur (z. B. Wiki, Pattern-Library, Code-Repository) dokumentiert. Das Projekt stirbt – aber das Wissen lebt im System weiter. Das gibt der investierten Energie rückwirkend Sinn.

3. Der physische Abschluss (Closure)

Zum Schluss wird das Ende auch operativ sichtbar gemacht. Gemeinsam im Meeting:

  • wird das Jira-Epic in den Ordner „Graveyard“ oder „Archive“ verschoben,
  • werden der Slack- oder Teams-Channel archiviert,
  • werden Serientermine aus dem Kalender gelöscht.

Dieser Moment wirkt überraschend stark. Der „Klick“ signalisiert dem Gehirn: „Es ist vorbei.“ Tabs werden geschlossen – mental und digital.

Fazit: Trauerarbeit ist Produktivitäts-Arbeit

Manche Führungskräfte halten so ein Ritual für „Gefühlsduselei“. Tatsächlich ist es Hygiene für das Nervensystem.

Ein Team, das ein Projekt sauber beerdigt hat, ist am Montag danach zu 100 % bereit für das nächste Ziel. Ein Team, dem ein Projekt einfach kommentarlos weggenommen wurde, leistet oft monatelang passiven Widerstand.

Wenn Sie Ihre Strategic Kill-Rate erhöhen wollen, ohne die Kultur zu zerstören, brauchen Sie das Project Funeral als Gegenpol. Geben Sie Ihren toten Projekten einen Abschied – dann haben Sie im Portfolio Platz für neues Leben.

Call to Action

Sie müssen demnächst ein unpopuläres „Stopp“ verkünden und möchten Zynismus vermeiden?

Wir haben im Decision-OS ein Moderations-Skript für das Project Funeral entwickelt, das Frust in Fokus verwandelt und die Lernkurve Ihrer Organisation sichert.

Laden Sie sich das Handbuch Decision-OS herunter. In Kapitel 15.3 finden Sie die Anleitung für den würdevollen Abschied – inklusive Agenda, Fragen und Formulierungs-Hilfen.

Project Funeral, Kill-Rate & Psychologische Sicherheit: Ein Dreiklang

In vielen Unternehmen werden Projekte entweder zu spät gestoppt – oder lieblos „abgeschaltet“. Beides ist teuer: Entweder verbrennen Sie Budgets an Zombie-Initiativen oder Sie verlieren das Vertrauen Ihrer Teams in die Strategie.

Der Decision-OS-Ansatz verbindet drei Bausteine zu einer konsistenten Architektur:

Gerade in wachstumsstarken oder transformierenden Organisationen ist dieses Set ein entscheidender Hebel für Psychologische Sicherheit 2.0: Teams lernen, dass „Stopp“ nicht gleichbedeutend mit persönlichem Scheitern ist, sondern ein normaler Teil einer fokussierten Strategie – dokumentiert im Decision-Log.

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