Automating Consent: Wie Sie den „48-Stunden-Timer“ technisch implementieren
Passive Consent („Lazy Consensus“) ist der Turbo für Routine-Entscheidungen – aber nur, wenn er sauber automatisiert ist. Dieser Artikel zeigt Schritt für Schritt, wie Sie den 48-Stunden-Timer in Ihren Toolstack integrieren.
Teil der „Decision-OS Tech Series“ – technische Implementierungen für Governance, die sich wie Software anfühlt, nicht wie Bürokratie.
Automating Consent: Wie Sie den „48-Stunden-Timer“ technisch implementieren
Die teuerste Ressource in Ihrem Unternehmen ist die Synchronität. Dass fünf Experten zur gleichen Zeit im gleichen Zoom-Call sein müssen, um eine Routine-Entscheidung (z. B. eine Tool-Lizenz oder Budgetfreigabe) zu treffen, ist ein logistischer Albtraum.
Wenn einer im Urlaub ist, steht der Prozess still.
Im Decision-OS lösen wir das durch das Prinzip des Passive Consent („Lazy Consensus“). Die Regel lautet: „Der Zug fährt ab, wenn sich keiner auf die Gleise wirft.“ – wer schweigt, stimmt zu.
Damit dieses Prinzip nicht im Chaos endet, verlassen wir uns nicht auf individuelle Disziplin. Wir bauen einen Automaten. Dieser Artikel zeigt, wie Sie den 48-Stunden-Timer in Ihren Toolstack (Jira/Notion + Slack + Zapier/Make) integrieren.
1. Die Logik: Active Approval vs. Passive Consent
Bevor wir automatisieren, müssen wir den Algorithmus verstehen.
-
Legacy Mode (Active Approval): Ein Antrag bleibt
PENDING, bis alle StakeholderAPPROVEDgeklickt haben.
Problem: Der Langsamste bestimmt das Tempo. Default = Stillstand. -
Decision-OS Mode (Passive Consent): Ein Antrag wechselt automatisch auf
DECIDEDnach Ablauf einer Frist (t = 48h), sofern keinVETOeingeht.
Vorteil: Der Prozess läuft weiter. Default = Fortschritt.
Technisch betrachtet implementieren wir also einen Timeout mit Default-Entscheidung:
Wird innerhalb der Frist kein Einspruch registriert, feuert das System die Transition auf
DECIDED.
2. Der Trigger: Status „ASYNC REVIEW“
Wir erweitern die State Machine des Decision-Logs um den Status ASYNC REVIEW.
Das ist der Startschuss für die Automatisierung.
Der Workflow:
- Der DRI (Verantwortliche) bereitet das Ticket vor (Status:
DRAFT). - Alle Pflichtfelder (Impact, Rationale, Consulted) sind gefüllt.
- Der DRI setzt den Status auf
ASYNC REVIEW– und damit den Timer in Gang.
Ab diesem Moment gehört der Prozess dem Bot. Kein manuelles Nachfassen per E-Mail, keine Kalendereinladung – die Automatisierung übernimmt das Monitoring.
3. Die Architektur des Bots (Schritt-für-Schritt)
Im Kern besteht der „48-Stunden-Bot“ aus vier Bausteinen, die Sie in Plattformen wie Zapier oder Make.com abbilden können.
Schritt 1: Der Broadcaster (Slack/Teams Notification)
Niemand schaut alle fünf Minuten ins Decision-Log. Wir müssen die Entscheidung in den Arbeitsstrom pushen.
Action: Sende Nachricht an Channel #decisions-feed.
Die Payload (vereinfacht):
⏳ ASYNC REVIEW GESTARTET
Titel: {{TicketName}}
DRI: {{User}}
Impact: {{ImpactLevel}}
Deadline: {{Now + 48h}}
👉 Wenn du bis zur Deadline kein Veto einlegst, gilt dies als Zustimmung.
[Button: Zum Ticket] [Button: Veto einlegen]
Das explizite Nennen der Konsequenz („Schweigen = Zustimmung“) ist juristisch und kulturell entscheidend. Es macht den Default klar: Fortschritt, nicht Warten.
Schritt 2: Der Timer (The Wait Step)
Action: Delay / Sleep für 48 Stunden (oder zwei Arbeitstage).
Tech-Tipp: Nutzen Sie, wo möglich, eine Business-Hours-Logik, damit eine Entscheidung von Freitagnachmittag nicht am Sonntagabend durchläuft, wenn niemand hinschaut. Viele Automations-Plattformen bieten dafür eigene Module oder Sie rechnen die Deadline selbst.
Schritt 3: Der Check (State Verification)
Nach Ablauf der 48 Stunden „wacht“ der Bot auf. Er darf aber nicht blind entscheiden. Zuerst prüft er, ob jemand manuell eingegriffen hat.
Action: Get Record (aus Jira/Notion).
Condition:
-
Wenn
Status == "ASYNC REVIEW"→ Niemand hat ein Veto eingelegt. → Proceed. -
Wenn
Status != "ASYNC REVIEW"→ Jemand hat interveniert (z. B. aufDRAFToderREADYgestellt). → Automation abbrechen.
So stellen Sie sicher, dass manuelle Eskalationen respektiert werden und der Bot nicht „drüberbügeln“ kann.
Schritt 4: The Hammer (Auto-Transition)
Wenn der Status nach 48 Stunden unverändert ASYNC REVIEW ist, fällt der Hammer.
- Action: Update Record Status to
DECIDED. - Log-Entry: Schreiben Sie einen System-Kommentar ins Ticket: „Automatisch entschieden durch Lazy-Consensus-Protokoll nach 48h ohne Einspruch.“
- Notification: Sende Nachricht an DRI: „Glückwunsch. Dein Ticket ist durch. Du kannst exekutieren.“
Damit ist die Entscheidung nicht nur getroffen, sondern auch auditierbar dokumentiert.
4. Exception Handling: Der Veto-Button
Was passiert, wenn jemand nicht einverstanden ist? Wir müssen die Hürde für ein Veto niedrig halten, aber formalisiert.
Bauen Sie einen Veto-Trigger:
-
Wenn ein Nutzer im Ticket den Status manuell auf
DRAFTzurücksetzt oder in Slack den Button „Veto“ klickt:- Die Automatisierung bricht ab (siehe Schritt 3).
-
Das Ticket wandert auf die Agenda des nächsten Weekly Tactical Meetings
(
Status: READY). -
Der Nutzer wird aufgefordert, im Feld
Commentsden Grund einzutragen (z. B. neue Fakten oder ein schwerwiegendes Risiko).
Das System sortiert also automatisch:
- Routine → geht durch (Auto-Decide).
- Konflikt → geht ins Meeting (Human-Decide).
Fazit: Governance als Service
Mit diesem Setup verändern Sie die Rolle der Governance radikal. Sie ist nicht mehr der Verhinderer, der auf Unterschriften wartet. Sie ist der Enabler, der den Weg freiräumt, solange niemand „Stopp“ ruft.
Erfahrungswert aus Decision-OS-Piloten: Rund 80 % der Routine-Entscheidungen laufen lautlos durch, wenn der 48-Stunden-Timer sauber implementiert ist – Entscheidungen, für die früher wertvolle Meeting-Zeit verbrannt wurde.
Und das Beste: Alles ist messbar. Aus den Status-Transitions können Sie später KPIs wie Time-to-Decision, Re-Open-Rate und Async-Anteil direkt in Ihr BI-Dashboard übernehmen.
Async-Entscheidungen automatisieren – statt noch ein Meeting in den Kalender zu schieben
Viele Artikel zu asynchroner Arbeit, Slack Workflows oder No-Code-Automation bleiben an der Oberfläche. Sie liefern How-tos für „/remind“-Befehle und Stand-up-Bots, aber sie ändern nicht die Governance.
Wenn Sie wirklich schneller werden wollen, reicht es nicht, Status-Updates zu automatisieren. Sie müssen den Entscheidungsweg automatisieren – inklusive Deadlines, Eskalation und Default-Verhalten.
Genau hier setzt Decision-OS an: als Protokoll dafür, welche Entscheidungen per Async Review durchlaufen dürfen (Two-Way Doors) und welche zwingend ins Meeting müssen (One-Way Doors). Der 48-Stunden-Timer ist kein Gimmick, sondern ein Standard-Baustein Ihrer Governance-Architektur.
Ob Sie dafür Jira, Notion, Airtable oder ein eigenes Tool nutzen, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass Ihre Bots nicht nur Erinnerungen verschicken, sondern rechtssichere Zustände setzen: DECIDED, KILLED oder READY.
Der Effekt: Ihre Teams verbringen weniger Zeit im „Abstimmungs-Nebel“ und mehr Zeit in der Execution. Und Sie können zum ersten Mal messen, wie viel Ihrer Wertschöpfung per Async statt per Meeting läuft.
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