Decision-OS Insights · Agile & Governance

Agiles Management in der Krise: Warum Scrum allein nicht reicht

Wir haben den Wasserfall abgeschafft, aber oft nur durch ein Hamsterrad ersetzt. Agile Teams rennen schneller denn je, wissen aber oft nicht, wohin. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität ohne Governance zur Feature Factory wird – und wie Decision-OS das Lenkrad liefert.

Lesezeit: ca. 8 Minuten Für: Product, Tech & C-Level Thema: Agile, Scrum & Governance

Teil der Reihe „Decision-OS Insights“ – wie Sie aus agilen Methoden ein belastbares Entscheidungssystem machen, statt nur schneller zu sprinten.

Die Katerstimmung nach der Party

Vor einigen Jahren war das Versprechen verlockend: „Führt Scrum ein, nutzt Kanban-Boards, macht Daily Stand-ups – und ihr werdet schnell, innovativ und glücklich.“

Heute herrscht in vielen Unternehmen Ernüchterung. Wir kleben Post-its. Wir sprinten in Zwei-Wochen-Takten. Wir haben „Product Owner“ und „Scrum Master“. Aber sind wir wirklich schneller geworden – oder rennen wir nur hektischer im Kreis?

Die Diagnose im Decision-OS: Viele Organisationen leiden unter einer Hamsterrad-Agilität. Sie haben die alten, starren Strukturen des Wasserfalls abgeschafft, aber versäumt, eine neue, klare Steuerungslogik zu installieren. Das Ergebnis ist Freiheit ohne Geländer – und damit Chaos.

Das Governance-Vakuum

Agile Transformationen scheitern selten an fehlenden Boards oder fehlenden Dailies. Sie scheitern daran, dass zwar die Arbeitsebene verändert wird, die Entscheidungsebene aber im alten Muster bleibt – oder gar nicht neu definiert wird.

Wir haben die Pyramide umgedreht und gesagt: „Die Teams sollen selbst entscheiden.“ Das ist grundsätzlich sinnvoll, führt aber ohne Leitplanken zu Responsibility Diffusion – Verantwortung verdampft.

  • Darf der Product Owner das Budget überziehen? „Das müssen wir besprechen.“
  • Darf das Team ein Projekt stoppen? „Lieber nicht, wir haben ja Sprints geplant.“

In diesem Machtvakuum entsteht eine ineffiziente Basisdemokratie. Jeder darf mitreden, niemand muss entscheiden. Wir sitzen in Meetings mit zwölf Personen, nur damit sich niemand übergangen fühlt. Geschwindigkeit und Klarheit bleiben auf der Strecke.

Die „Feature Factory“-Falle

Das sichtbarste Symptom einer schiefgelaufenen Agilität ist die Feature Factory.

Scrum und Co. sind exzellente Methoden, um Output zu erzeugen: Code, Features, Tickets, Stories. Sie sind leistungsstarke Motoren. Aber wenn der Motor läuft und das Lenkrad fehlt, produzieren Teams Features vor allem deshalb, weil sie machbar sind – nicht, weil sie strategisch sinnvoll sind.

Es ist oft einfacher, eine User Story umzusetzen (Motion), als die unangenehme Entscheidung zu treffen, ein Feature bewusst nicht zu bauen (Progress). So optimieren wir die Auslastung des Teams, aber nicht den Business Outcome.

Die Kurve des Scheiterns

Im Decision-OS beschreiben wir das häufig als Kurve mit zwei Verläufen:

Agile ohne Governance: Der Output steigt anfangs steil an. Die Motivation ist hoch, die neuen Methoden machen Spaß, die Velocity zieht an. Doch im Hintergrund sammeln sich Decision Debt (ungeklärte Managementfragen) und technische Schulden. Nach einiger Zeit flacht die Kurve ab und kippt. Teams sind mehr damit beschäftigt, Chaos zu verwalten, als Wert zu schaffen.

Agile mit Decision-OS: Der Output steigt langsamer, aber linear und nachhaltig. Es wird bewusst Zeit in Klärung investiert: Governance, Priorisierung, aktive Projektstopps. Die Organisation baut weniger Ballast auf und bleibt beweglich.

Die Lösung: Ein Governance-Layer über dem Scrum

Wir müssen aufhören, Agilität als „Meeting-Generator“ zu missbrauchen – Daily Stand-ups als Status-Reporting, Retros als Kummerkasten. Agile Methoden sind der Motor. Was in vielen Organisationen fehlt, ist das Lenkrad: ein klarer Governance-Layer, der über den Sprints liegt.

In Decision-OS schaffen wir diesen Layer mit drei zentralen Elementen, die in klassischem Scrum so nicht vorgesehen sind:

1. Strategic Kill-Rate

Agile Teams lieben es zu liefern. Wegwerfen fühlt sich wie Scheitern an. Deshalb tendieren Backlogs dazu, nur zu wachsen. Das ist gefährlich.

Eine gesunde Organisation braucht eine Strategic Kill-Rate: einen klaren Anteil an Initiativen, die bewusst gestoppt werden. Wenn nie etwas auf „Killed“ geht, fehlt Fokus. Ein Backlog, das nur wächst, ist kein Zeichen von Produktivität, sondern ein strategisches Risiko.

2. Der DRI (Directly Responsible Individual)

Scrum spricht gerne von „Team-Verantwortung“. Im Alltag führt das schnell zu Verantwortung im Niemandsland. Wenn etwas schiefgeht, war es irgendwie „das Team“ – aber niemand konkret.

Decision-OS setzt auf den DRI: Für jedes Thema gibt es genau eine direkt verantwortliche Person. Das Team berät (Consulted), aber am Ende trifft der DRI die Entscheidung und trägt sie. Diese „beratende Monarchie“ macht Teams handlungsfähig, wenn der Konsens scheitert.

3. Decision-Log statt nur User Stories

User Stories beschreiben, was gebaut wird. Das Decision-Log beschreibt, warum es gebaut wird – oder warum bewusst etwas nicht gebaut wird.

Es fungiert als strategisches Gedächtnis der Organisation und verhindert, dass dieselben Diskussionen in jedem Sprint von vorne beginnen. Wer das „Warum“ einer Entscheidung nachlesen kann, muss sie nicht immer wieder infrage stellen.

Fazit: Mehr Struktur wagen

Es klingt paradox, aber um wirklich agil zu sein, brauchen Sie mehr Struktur, nicht weniger. Sie brauchen keine Rückkehr zum Taylorismus mit starren Hierarchien, aber Sie brauchen harte, transparente Regeln für Autonomie: eine DoA-Matrix, klare DRIs, ein Decision-Log und eine bewusste Kill-Rate.

Nur wenn Teams genau wissen, was sie eigenständig entscheiden dürfen und wo sie Governance brauchen, können sie ohne permanenten Blick nach oben rennen.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Scrum-Implementierung mehr Hektik als Fortschritt erzeugt, ist das kein persönliches Versagen. Es ist ein Hinweis darauf, dass der Governance-Layer fehlt. Holen Sie sich das Lenkrad zurück.

Sie haben Sprints, aber keine echte Geschwindigkeit?
Decision-OS zeigt, wie ein klares Entscheidungssystem über Agile, OKR oder Holacracy gelegt werden kann, damit Methoden nicht gegeneinander arbeiten, sondern sich ergänzen.

Agile Governance statt noch mehr Frameworks – wenn Scrum allein nicht reicht

Viele Unternehmen, die „agil gearbeitet“ haben, merken nach einigen Jahren: Die Kalender sind voller geworden, die Velocity ist gestiegen – aber strategisch fühlt sich alles zäher an als vorher. Aus der erhofften Flexibilität ist eine Feature Factory geworden.

Der Grund liegt selten in den Methodenkoffern (Scrum, Kanban, SAFe), sondern fast immer in der fehlenden Governance-Architektur. Wenn unklar ist, wer entscheiden darf, was gestoppt wird und wie strategischer Fokus durchgesetzt wird, produziert jedes Framework vor allem eines: Motion.

Decision-OS setzt genau dort an. Es ersetzt nicht Ihre bestehenden Methoden – es legt ein Betriebssystem darunter: klare Rollen (DRI), definierte Freiheitsgrade (DoA-Matrix), eine messbare Kill-Rate und ein Decision-Log als Single Source of Truth.

Statt den nächsten agilen Rahmen einzuführen, lohnt es sich, das Lenkrad zu installieren: ein einfaches, aber hartes Regelwerk, das aus Ihren Scrum-Teams echte Wertschöpfungs-Teams macht.

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